Sündenbekenntnis


 

 I. Sündenbekenntnis oder Beichtgebet

 

1. Das  Sündenbekenntnis findet bei uns zu Beginn des Abendmahlsgottesdienstes statt, sonst nicht.
Für viele zufällige Gottesdienstbesucher, die den christlichen Gottesdienst nicht kennen, ist es ein Problem, gleich zu Beginn des Gottesdienstes mit der eigenen Sünde konfrontiert zu werden.

2. Zwar sind wir als Christen durch Jesus Christus befreit von der Macht und Gewalt der Sünde (und des Todes)  und dazu werden wir ja auch getauft, – denn die Taufe bedeutet ja für die frühenn Christen Herausgerissensein aus den Fängen des Bösen und Übergabe an Christus als unseren  Herrn – , aber wir können rückfällig werden, also etwas tun, was in der Gemeinschaft mit Christus eigentlich unmöglich (und verboten) ist.

Die Taufe im Glauben an Christus macht uns gewiß frei von aller bisherigen Sünde und ihrer schädlichen Wirkung in unserem Leben, aber diese Freiheit befreit uns nicht von unserer Verantwortung für unser weiteres Leben. Im Gegenteil, die Taufe stellt uns von dem Zeitpunkt an, da wir sie empfangen, mit unserem ganzen Leben in die Verantwortung vor Gott. All unser Tun und Lassen haben wir nun vor Gott zu verantworten. Dabei können wir immer wieder durch falsches Handeln sündigen. Manchmal stellt sich erst viel später heraus, dass falschem Handeln auf unserer/meiner Seite nicht nur eine sachlich  falsche Beurteilung oder Entscheidung zugrunde lag, sondern dass dabei auch eine mehr oder weniger schlimme Bösartigkeit mit im Spiele war.

3. Ein paar Beispiele: Ein Schrankenwärter hat das Radio zu laut gestellt und überhört den genauen Wortlaut einer Durchsage, so dass er nicht mitbekommt, dass ein bestimmter Zug Verspätung hat, so dass er die Schranken zum falschen Zeitpunkt  herunter kurbelt und als der Zug vorbeikommt, sind die Schranken offen. Was wäre jetzt gewesen, wenn ein Fahrzeug auf dem Gleis gestanden hätte? Oder ein Vater hat wieder einmal zu lange am Computer gesessen, so dass er verspätet seinen Sohn von der Sporthalle abgeholt hat. Sein Sohn ist schon losgegangen, wie er meinte, seinem Vater entgegen, doch der nahm wegen einer Baustelle eine ganz andere Straße. Was wäre gewesen, wenn jemand aus dem Auto heraus den einsam gehenden Jungen angesprochen und gesagt hätte, er solle ihn im Auftrag seiner Eltern nach Hause fahren? Was für die einen nur ein unangenehmer Zufall (oder Pech) ist, kann in Wirklichkeit, wenn man die genauen Umstände kennt, etwas ganz anderes sein: Sünde. Denn auch Unzuverlässigkeit oder Verantwortungslosigkeit ist in Wirklichkeit Sünde. Die meisten Sünden hängen damit zusammen, dass wir von uns selber nicht loskommen, dass wir immer mit uns beschäftigt sind und darüber die Aufgaben und Pflichten, die wir anderen Menschen gegenüber haben, versäumen oder nur schludrig erledigen.

4. Auch wenn keiner von uns die Sünden des andern kennt, so gibt es doch kaum eine Sünde, die nicht jeder von uns gelegentlich begeht, abgesehen von Mord oder sonst einem schweren Verbrechen. Doch auch Bagatellvergehen sind Sünden. Wir wollen das meistens nicht wahrhaben und leugnen daher sehr gern, überhaupt Sünden zu begehen. Aber dass auch eine kleine Kleinigkeit, die wir in einer Aufgabe übersehen haben, die ganze Rechnung falsch machen kann, das weiß jeder von uns. Oder? Also sind auch Kleinigkeiten nicht unwichtig. Darum sagt man ja auch manchmal: Der Teufel liegt im Detail, um auszudrücken, dass eigenes Versagen nicht erst bei großen Dingen anfängt, sondern schon bei kleinen Dingen passieren kann: ein Sprung in einer Betonbrücke, ein Riß an einem Flügel oder in den Kacheln eines Raumgleiters. 99mal geht es noch gut, beim 100. Mal ist die Katastrophe da.

5. Jesus hat sogar kleinere Vergehen als ernsthafte Sünden angesehen, auf die niemand achtet (vgl. Mt 5, 21f. und 27f.). Andererseits hat er eine in den Augen seiner Zeitgenossen schlimme Sünderin wieder laufen lassen, ohne sie zu bestrafen. Er forderte sie allerdings auf, nicht wieder zu sündigen. (vgl. Joh 8)

6. Die Sünde und ihre Verurteilung vor Gott muß daher auch im Gottesdienst ausgesprochen werden, wobei wir Christen gewiß sind, dass Gott uns diese Sünden vergibt, wenn wir sie aufrichtig bereuen.

Wir bekennen daher unsere Sünden im Gottesdienst immer im Bewußtsein der Barmherzigkeit Gottes, dem wir alles sagen dürfen, was uns an eigener Schuld bedrückt und an fremder Schuld kränkt.

Die Gnade der Vergebung unserer Sünden wird uns aber im Gottesdienst immer so zugesprochen, dass wir erkennen, dass wir selber durchaus etwas dagegen tun können, dass wir nicht immer wieder dieselben Sünden begehen oder erleiden müssen und damit uns und anderen Menschen schaden.

7. So können wir abschließend zusammenfassen: Indem wir Christen im Gottesdienst unsere Sünden bekennen, behaupten wir nicht,  dass unser Leben sich durch Christus nicht fundamental geändert hätte. Aber wir leugnen auch nicht, dass wir immer wieder durch unser Tun  und Lassen zu Sündern werden und als solche auch der Vergebung durch Gott bedürfen.

Wir müssen darum auch niemandem etwas vormachen und niemand muß den perfekten Christen spielen. Aber es wird auch keiner vor anderen bloßgestellt, wenn wir gemeinsam vor Gott unsere Sünde und Unwürdigkeit zugeben und ihn um Vergebung all unserer Schuld bitten.


(KU-Thema: Sünde und Sündenbekenntnis, GB 2004)

eingestellt 16. 6. 2013